Mittwoch, 30. Mai 2007

Einmal Weltuntergang und zurück bitte!

Eigentlich ist es ja "bescheuert": Vier Mal in die Oper gehen um zehn mal bis zu zwei Stunden lang ohne Pinkelpause auf mehr oder weniger bequemen Klappstühlen zu sitzen um armen Sängerinnen und Sänger zu erleben, die mehr oder weniger erfolgreich versuchen, über ein 120-Mann Orchester hinwegzubrüllen, ähm -singen. Und am Ende ist man genau wieder da, wo alles angefangen hat (also handlungsmäßig).
Manche werden schon mitbekommen haben, worum es geht: Den kompletten "Ring des Nibelungen", die größte Soap-Opera der Musikgeschichte, habe ich nun endlich auch live nicht nur erlebt, sondern auch überlebt. Ich habe auch gleich mal eine entsprechende studi-vz-Gruppe eröffnet.
Klar, dass an eine solchen live-Aufführung keine CDs oder DVDs, keine noch so teure Stereoanlage und Lautsprecher-Boxen rankommen. Aber meine Erwartungen wurden noch weit übertroffen. Bei Wotans Abschied und dem Feuerzauber, bei Siegfrieds Schmiedliedern, der Eidszene, dem Trauermarsch oder natürlich dem großen FInale - da bleibt einem wirklich die Spucke weg. Aber genug der Gefühlsduselei ;)

Ich werde hier NICHT alle meine Eindrücke zur Inszenierung und Sängern kundtun (da hätte ich nach jeder Pause Seiten schreiben können *g*). Aber ein paar heitere "Spotlights" lass ich mir nicht nehmen.

Es wurde bei der Inszenierung sehr viel mit Videoprojektionen gearbeitet. Wenn's im/am/unter dem Rhein gespielt hat, hat man zB die Oberfläche eines fließenden Gewässers in 9:11 gesehen oder Unterwasseraufnahmen. Nur der in der europäischen Binnenwasserfauna etwas kundigen Opernbesucher wird etwas die Stirn gerunzelt haben, als im Bildhintergrund dann kurz mal ein Hai vorbeischwamm...

Auch die moderne Technik hat in tiefen Wald Einzug gehalten. Zu SIegfrieds "Blasebalg"-Lied pumpt Siegfried nicht fleissig einen handbetriebenen Blasebalg, sondern schließt einen Sauerstoffschlacuh an den Schmiedeofen an und regelt die Sauerstoffzufuhr mit einem kleinen Hebel ;)

Der Waldvogel (die Sängerin muss im Vogelkostüm über die Bühne "flattern") ist von Siegfrieds Vogelrugf-Imitationen alles andere als begeistert und hält sich die Ohren zu dem Gequietsche zu. Als Siegfried ihm dann aber mal zeigt wie toll er sein Waldhorn blasen kann, wird das Vöglein quasi von dem Krach erschlagen und krümmt sich vor Ohrweh auf dem Boden.

Als Brünnhilde am Ende die ganzhe Bude mit einer Lunte in Brand setzt, schaut das ganze Volk in aller Seelenruhe interessiert und neugierig zu, wie die Lunte wegbrennt. Als dan aber auf der Hinterbühne das "Feuer" dann ausbricht, bricht auf einmal Panik aus und alles rennt wie wild umher...

Heimliche Stars waren aber (wie so oft) das Publikum selber. Die Pausengespräche und -szenen hatten wieder mal einen immensen Unterhaltungswert:
  • die Dame, die im CD- und Buchladen die Operntexte als Reclamheftchen kauft, weil man ja "nicht alles mitbekommt und das nochmal nachlesen muss"...
  • die Bayreuth-Besucher, denen der Mannheimer Drache "zu symbolisch" ist und in Bayreuth doch der "Drache wie ein Drache" aussah und von Bühnenarbeitern auf seinen Rädern hin und her bewegt wurde...
  • meine Götterdämmerungs-Sitznacharin, der ich auf ihre Frage "Wo ist denn das Englischhorn?" aufgrund unseres unglücklichen Platzes keine ausreichende Antqort geben konnte...
  • die mit der Zeit gehenden Opernbesuchern, die sich nicht mehr anhand "altmodischer" Opernführer oder Programmhefte auf den Opernbesuch vorbereiten, sondern frühzeitig den entsprechenden Wikipedia-Artiekl ausdrucken um ihn dann 30 Sekunden bevor das Licht abgedunkelt wird, aus der geräumigen Damenhandtasche zu kramen...
  • die Burschenschaftler, die im kompletter Montur ihrem großen deutschen Meister Richard Wagner huldigen...
  • und die Besucher, die trotz Opernerfahrungen und Wetterbericht nicht gesacht hätten, dass es "hier oben so warm" wird
Kurz:
Oper macht Spass!!
Besonders Wagner.
Und ganz besonders der "Ring"...

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